Bauten und Ideen. Baukultur in Bremen Gröpelingen

Bremen, HB, Germany
6.6km / 2 hrs 22 mins

Hörst Du den Sound der Stadt? Du bist in Gröpelingen. Das Aufheulen der Straßenbahnen, das sonore Ticken der Fußgängerampel, fremde Sprachfetzen. Das monotone Rauschen des Straßenverkehrs, ab und zu ein Hupkonzert des Fahrzeugkonvois einer fröhlichen Hochzeitsgesellschaft. Gröpelingen heute. Internationales Einwandererquartier. Mehr als 36.000 Menschen leben hier, sie sprechen um die 70 verschiedene Sprachen. Industrialisierung und Migration haben diesen Stadtteil geprägt. Die Gebäude, Straßenzüge und Denkmäler erzählen von seiner wechselvollen Geschichte. Von den sozialen Konflikten, den Kämpfen für ein gutes Leben. Dieses baukulturelle Erbe Gröpelingens ist aber kein Museum. Hinter geschichtsträchtigen Fassaden lebt eine neue Generation. Hier arbeiten Initiativen und Einrichtungen, werden Krisen gemeistert und Ideen für die Zukunft entwickelt. Auf diesem Rundgang bringen wir Dich zu den Orten, an denen sich Vergangenheit und Gegenwart verbindet. Zu Beginn springen wir hundert Jahre zurück in die Geschichte. 1905 wird die Werft in Gröpelingen aufgebaut. Das kleine Dorf wird innerhalb weniger Jahre zu einer quirligen Arbeiterstadt. Zehntausende leben hier – oft unter erbärmlichen Bedingungen. Autoverkehr gibt es noch keinen. Dafür aber liegt der Klang der Werft Tag und Nacht über den Dächern des Arbeiterstadtteils. Das unablässige Hämmern und Nieten in den großen Hallen. Das Kreischen von Kränen und Möwen, Schiffshörner aus dem nahegelegenen Überseehafen, das gedehnte Aufheulen von Metall, wenn es gebogen und angepasst wird. Rufe von Kranführern, brüllen, flüstern, knirschen, fluchen – die Geräusche der Arbeit von Tausenden Männern und ein paar Frauen auf der Werft und an den Hafenbecken. Die Arbeit gibt den Takt im Stadtteil an. Bis zu 10.000 Arbeiter im Schichtdienst pendeln zwischen Werft und Quartier. Im Quartier ein anderer Sound: Stimmen auf dem Markt, Alltagsgeplapper in den Straßen. Über Sorgen, über das Wetter. Die Kinder toben auf dem Weg zur neugebauten Schule an der Fischerhuderstraße. In den Kneipen lautes Lachen, Musik. In den Arbeitervereinen wechseln Argumente und Meinungen, RotFront, Wandervogel, Arbeiterbildungsverein, Schalmeien. Im Ersten Weltkrieg 1917 gibt es eine machtvolle Arbeiterdemonstration gegen Krieg und Kaiser, Frauen demonstrieren gegen den Hunger – das gilt als Hochverrat. 1919 geht die Bremer Räterepublik von der Gröpelinger Werft A.G. „Weser“ aus. Das Leben der Arbeiterfamilien und die Werft – das sind zwei Seiten einer Medaille. Zum Stapellauf kommt die ganze Familie, und in den Augen der Schiffsbauer liegt ein stolzes: „Das haben wir gebaut“. „Use Akschen“ – „Unsere Aktiengesellschaft“ sagen die Leute hier. Diese Zeiten sind längst vorbei. 1983 schließt die Großwerft. Ein langer, oft schmerzhafter Wandlungsprozess des Stadtteils beginnt. Viele gut ausgebildete und junge Leute verließen den Stadtteil. Zurück blieben die weniger qualifizierten, oft Arbeitsmigranten der ersten Generation und diejenigen, die keine Arbeit mehr fanden. Aus dieser schwierigen Lage hat Gröpelingen bis heute neue Kraft entwickelt. Der Stadtteil leistet einen großen Anteil für die Integration von Migranten und Flüchtlingen in Bremen. Er bietet heute die sprachlichen, kulturellen und sozialen Anknüpfungspunkte für eine moderne Einwanderungsgesellschaft. Nicht zuletzt ist die besondere bauliche Struktur, das baukulturelle Erbe, ein wichtiges Pfund für die starke zivilgesellschaftliche Struktur in Gröpelingen.

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